Haushaltsrede 2018

Haushaltsrede Rainer Kalla – Stellungnahme zum Haushaltsplanentwurf 2018 der Stadt Spenge

Herr Bürgermeister,
liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,
meine Damen und Herren,
nach fast zwei Jahrzehnten liegt uns in diesem Jahr ein Haushaltsplanentwurf vor, der erfreulicherweise keinen Jahresfehlbetrag, sondern endlich den mit großen Mühen angestrebten Haushaltsausgleich darstellt.
Diese erfreuliche Entwicklung hat bekanntlich verschiedene Ursachen. Eine davon ist die positive konjunkturelle Lage, die kräftig Steuern in die Stadtkasse spült. Eine andere sind die gegenüber dem Vorjahr erheblich gestiegenen Schlüsselzuweisungen. Und letztlich tragen Spenges Bürgerinnen und Bürger seit 2015 mithilfe schmerzhaft hoher Grundsteuern selbst kräftig dazu bei, den Haushaltsausgleich in diesem Jahr zu erreichen. Denn bei der Höhe der Hebe­sätze ist Spenge unter den kreisangehörigen Städten und Gemeinden in Ostwestfalen-Lippe bekanntlich weiterhin einsame Spitze.
Den Haushaltsausgleich vor Augen, der nicht nur eine „schwarze Null“, sondern sogar einen Überschuss in sechsstelliger Höhe vorsieht, kann natürlich schnell der Wunsch entstehen, schon jetzt die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt durch eine maßvolle Senkung der Grundsteuer zu entlasten. Dieser Forderung würde ich mich sofort anschließen, wenn der Haushaltsplanentwurf nicht einige erhebliche Risiken beinhalten würde. Zum einen ist unsere Stadt bis über beide Ohren verschuldet. Allein die Kassenkredite sind nahezu so hoch wie der gesamte Jahresetat unserer Stadt. Zurzeit profitieren wir von historisch niedrigen Kreditzinsen. Doch schon eine Zinserhöhung von einem guten Prozent würde den Haushalts­ausgleich gefährden, auch wenn im Haushaltsplan ein Sicherheitsbeitrag zum Ausgleich von Zinsänderungsrisiken enthalten ist. Zum anderen drohen Gefahren seitens der großen Koalition in Berlin. Denn von ihr wurden kostspielige Wohltaten ins Gespräch gebracht, wie z.B. kostenloser ÖPNV und die Abschaffung der Kita-Gebühren. Niemand jedoch sagt, wer diese teuren Vorhaben finanzieren soll. Aus bitterer Erfahrung ist damit zu rechnen, dass letztendlich die Kommunen zumindest einen Teil der finanziellen Belastungen werden übernehmen müssen. Das würde erhebliche Auswirkungen auf unsere Haushaltslage mit sich bringen. Und drittens kennen wir nicht den Ausgang der aktuellen Tarifverhandlungen. Sollte die Höhe des Tarifabschlusses die im Planentwurf eingearbeitete Prognose von 2,35% übersteigen – die Tarifforderungen liegen schließlich bei 6%! –, würde dieses ebenfalls zu negativen Folgen für unseren Etat führen.
Allein diese Beispiele belegen, dass die Zeit für eine sofortige Senkung der Grundsteuer – so wünschenswert sie auch ist – leider noch nicht gekommen ist. Dazu ist der geplante Überschuss viel zu gering. Außerdem ist es dringend geboten, während der aktuellen Zeit der Nullzinspolitik die Liquiditätskredite möglichst weit zurückzufahren. Wann sonst, als in Zei­ten sprudelnder Steuereinnahmen wie die gegenwärtige, werden wir in der Lage sein, diese Schulden ab­zubauen statt sie den nachfolgenden Generationen zu hinterlassen?
Der Haushaltsplanentwurf enthält neben dem angestrebten Überschuss darüber hinaus zahlreiche nachhaltige investive Vorhaben. Dass sehr viel Geld in unsere Schulen, die Feuerwehr und die Modernisierung von ÖPNV-Haltestellen investiert wird, kann ich uneingeschränkt begrüßen, zumal viele dieser Maßnahmen mithilfe von erheblichen Zuschüssen von Bund und Land für uns erst möglich sind. Kritisch sehe ich jedoch die im Finanzplanungszeitraum 2019 – 2021 vorgesehenen Investitionsmaßnahmen. Hier fehlt mir dezidiert die Ausweisung von Mitteln, um nach der Gesamtschule auch unsere Grundschulen digital zukunftsfest machen zu können. Auch lässt der Planentwurf keinerlei Visionen erkennen. Ich wünsche mir, dass nicht nur unsere Schulen digital zukunftsfest gemacht werden, sondern wir uns baldmöglichst auch auf den Weg zu einer digitalen Verwaltung 4.0 machen würden. Erforderliche Mittel hierfür suche ich im Entwurf vergeblich. Und schließlich wissen wir alle, dass in unserer Stadt verfügbare Bauland- und Gewerbeflächen fehlen. Um diese zu gewinnen, ist jedoch ein tatkräftiges Marketing vonnöten. Im Planentwurf sind jedoch bis 2021 nur kleine Erinnerungsposten für den Erwerb von Grundstücken und Gebäuden aufgeführt.
Zwar ist nach 18 Jahren wieder ein Haushaltsausgleich in Sicht, der uns ermöglichen könnte, schon im kommenden Jahr aus der Verpflichtung, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen, entlassen zu werden. Jedoch wird uns auch in den Folgejahren der besorgniserregende Schuldenstand der Stadt zur Zurückhaltung bei den Ausgaben zwingen. Erfreulich ist, dass wir sowohl bei der Höhe der Liquiditätskredite als auch bei der Höhe der Investitionskredite den Zenit überschritten zu haben scheinen. Jedoch dürfen wir nicht die versteckten Schulden der Stadt übersehen, die wir ebenfalls zu schultern haben, nämlich die der Eigenbetriebe. Diese Schulden haben sich allein 2017 um rund 2,8 Millionen Euro erhöht. Folglich dürfte die Schuldenlast der Eigenbetriebe in naher Zukunft insgesamt ähnlich hoch werden, wie alle Liquiditäts- und Investitionskredite des Kernhaushalts zusammen. Somit trägt jede Einwohnerin und jeder Einwohner unserer Stadt, vom Baby bis zum Greis, eine Schuldenlast von weit über 4.000 Euro. Dieses führte letztlich dazu, dass Spenge am 31.12.2016 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – in Ostwestfalen-Lippe unter den kreisangehörigen Städten und Gemeinden bei der Pro-Kopf-Verschuldung den Bronzeplatz einnahm. Diese Tatsache wird sich sicherlich bis heute kaum zu einem Besseren geändert haben.
Ich komme zum Resümee meiner Ausführungen:
Trotz einiger von mir dargelegter Risiken ist in diesem Jahr ein Haushalts­ausgleich und damit nach jahrelangem massiven Eigenkapitalverzehr die Bildung einer – wenn auch kleinen – Ausgleichsrücklage möglich. Dieser Haushaltsentwurf markiert also einen schon fast historisch zu nennenden Wendepunkt. Visionen kann ich im Entwurf zwar nicht erkennen. Jedoch wird das wenige Geld, das wir haben, für sinnvolle, nachhaltige Investitionen ausgegeben. Die Zeiten der Prunkbauten scheinen endgültig vorbei zu sein. Für eine steuerliche Entlastung der Bürgerinnen und Bürger ist es leider noch zu früh. Zu unsicher ist es, ob das große Ziel des Haushaltsausgleichs überhaupt erreicht wird. Wer weiß denn jetzt schon, welche wirtschaftlichen Folgen der Protektionismus des unberechenbaren Herrn Trump haben wird, wodurch Steuerschätzungen schnell zur Makulatur werden können? Jedoch werde ich in den Folgejahren gezielt darauf achten, dass wir nicht den frühestmöglichen Zeitpunkt für eine Steuerentlastung unserer Bürgerinnen und Bürger verpassen. Sollte spätestens in zwei Jahren tatsächlich – wie in der Fortschreibung des Haushaltssicherungskonzeptes prognostiziert wird – ein hoher und stabiler Haushaltsüberschuss entstehen, werde ich dann ganz sicher einem Haushaltsentwurf ohne Entlastung unserer Bürgerinnen und Bürger im Gegensatz zu diesem Jahr nicht mehr zustimmen können.