Stellungnahme der FDP zum Haushalt 2017 der Gemeinde Kirchlengern

abgegeben durch Ratsmitglied Michael Blöbaum

am Donnerstag, dem 15. Dezember 2016

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Ratskolleginnen und Ratskollegen,

sehr geehrte Zuhörerinnen und Zuhörer sowie Vertreter der Presse,

die gute Nachricht möchte ich gleich vorweg bringen. Eigentlich gibt es nichts zu meckern. Im Gegensatz zum Ergebnisplan 2016, der noch einen Fehlbetrag von gut 767.000 € vorsah, schließt der Plan für 2017 mit einem ausgeglichenen Ergebnis. Und auch wenn der Zeitstrahl für die nächsten beiden Perioden betrachtet wird, fallen wiederum zwei deutliche schwarze Nullen ins Auge. So weit, so gut! Auf kommunaler Ebene scheint dann ja alles richtig gemacht worden zu sein, so dass wiederum einige Bemerkungen über die ungleiche und die, je nachdem aus welchem Blickwinkel man sie betrachtet, ob aus dem ländlichen Raum oder aus der ostwestfälischen Provinz, unfaire Gemeindefinnazierung auf Landesebene fällig wären.

Das Problem ist nur, dass wir hier heute abend noch so viel über Landespolitik debattieren können; ändern können wir hieran zum jetzigen Zeitpunkt trotzdem nichts. Insoweit möchte ich mich mit den folgenden Äußerungen auf das Werk an sich beschränken.

Der erste Blick sollte auf die Seite 48 gehen, dich sicherlich eine der wichtigsten in dem umfangreicen Planungswerk ist. Neben dem Ergebnisplan 2017 ist dort auch die mittelfristioge Ergebnisplanung abgebildet. Erkennbar ist, dass die heimische Wirtschaft, zumindest die, die auch zur Gewerbesteuer zu veranlagen sein wird, sich gut entwickeln wird. Die von der Gewerbesteuer geprägten Erträge aus Steuern und ähnlichen Abgaben steigen kontinuierlich an. Während 2015 gut 22,2 Mio € vereinnahmt werden konnten, sollen es in 2017 24,3 Mio und 2018 schon gut 25,3 Mio. € sein. Hierbei entfallen auf die Gewerbesteuer je nach Haushaltsjahr im mittelfristigen Planungszeitraum zwischen 12,5 Mio € und 13,25 Mio €. Untern Strich sicherlich eine optimistische Planung, aber keine unseriöse. Zu Bedenken möchte ich aber, dass hierin auch Gefahren begündet sind. In einem ungewissen gesamtwirtschaftlichen Umfeld kann die mittelfristige Entwicklung auch anders aussehen. Und dann würde uns ein erheblicher Teil unserer Erträge fehlen. Erträge aus vielleicht zu erwartenden minimalen Schlüsselzuweisungen könnten Einbrüche bei der Gewerbesteuer nicht ausgleichen.

Auf der Aufwandsseite zeigt sich für das Planjahr 2017 eine Personalintensität von gut 16 %, unter Berücksichtigung der Versorgungsaufwendungen ergibt sich ein Anteil von 17,2 %. Wenn als Vergleichswert auf die letzte veröffentlichte Erhebung des Innenministeriums abgestellt werden darf, dann stehen wir hier ganz gut dar. Der Durchschnitt, aber wohlgemerkt für das Haushaltsjahr 2010 lag in der Vergleichsgruppe sonstige Gemeinden bei 17,7 %, wobei Werte zwischen 11,4 % und 28,9 % in diesen Wert eingeflossen sind. Selbst unter Berücksichtigung der Versorgungsaufwendungen, die einen immer erheblicheren Anteil einnehmen werden, können wir uns also sehen lassen.

Insofern kann ich auch der Ausweisung von zwei weiteren A 14-Stellen im Stellenplan zustimmen, um Leistungen zu honorieren. Auch wenn ein kw-Vermerk im Stellenplan richtigerweise nicht zum Tragen kommen wird, denn die Stelle an sich fällt ja nicht unter einer aufschiebenden Bedingung oder bedingungslos weg, so soll hier aber noch einmal klargestellt werden, dass eine persönliche Komponente ausschlaggebend für die Höhergrupperung war und nicht ein Freifahrschein für nachfolgende Stelleninhaber geschaffen werden soll (KGSt-Stellenbeurteilung hin oder her).

Bei den Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen kann ich den Einspareffekt, der im Haushaltsplan 2016 angedacht war, zukünftig nicht mehr erkennen. Vielmehr kalkulieren wir mit einer Steigerung um gut T€ 176 bzw. 3,2 %. Ist dies inflationsbedingt bei einer Inflationsrate von bisher 0,38% in 2016. Wahrscheinlich ist der prognostizierte Ansteig auf 1,4 % für 2017 ursächlich. Nur wie passen dann wieder energietische Sanierungsmaßnahmen und neue Straßenbeleuchtungskörper hierzu? Der Energieverbrauch der Straßenbeleuchtung soll planmäßig von 2016 auf 2017 um 65.000 kWh zurückgehen, das sind knapp 15, gleichyeitig gehen die Aufwendungen für die entsprechend bezogene Energie um 4.750,- € oder gut 5% zurück. Hier scheint ja ein hoher Fixkostenblock enthalten zu sein. So ganz erschließt es sich mir, ehrlich gesagt, nicht; deutlich wird jedoch, dass ein wirklicher Sparwille nicht erkennbar und vielleicht auch nicht gewünscht ist. Schade! Hier gibt es sicherlich noch Potential nach oben.

Viel wichtiger erscheint mir jedoch, den Blick auf die Seite 49 zu werfen, auf der die Gesamfinanzrechnung abgedruckt ist. Erfreulich ist, dass das zahlungswirksame Investitionsvolumen sich deutlich erhöht hat. Waren in 2015 lediglich knapp 1,6 Mio. € an Auszahlungen für Baumaßnahmen zu verbuchen, so sind es 2017 im Ansatz gut 4,85 Mio €. Von den gesamten Investitionsausgaben 2017 entfallen allerdings 39 % auf den Bereich der Abwasserentsorgung und nur 13 %auf den Bereich Straßen. Hier täuscht im interkommunalen Vergleich auf den ersten Blick die Integration der Abwasserbeseitigung im Kernhaushalt. Die Ausgaben für die oberirdische Infrastruktur sind demnach wiederum überschaubar. Auch hier sehe ich zukünftig ein Hauptaugenmerk der Gestaltung. Zwar ist der Bilanzsansatz des Straßenvermögens deutlich nach oben gegangen; doch ausschlaggebend ist hier vielmahr die Entlastungsstraße, die als Neubau mit hohen Anschaffungskosten einzubuchen ist. Der planmäßige Werteverzehr der bestehenden Straßen darf aber nicht aus dem Auge gelassen werden. Abschreibungen, eigentlich ein Instrumentarium der Innenfinanzierung, gehen im allgemeinen Haushalt unter und wie es auf Seite 250 heißt, auf der die Investitionsmaßnahmen im Produkt Verkehrsinfrastruktur näher erläutert werden: „Zur Finanzierung werden keine Investitionsdarlehen aufgenommen“. Und das deshalb nicht, weil kein signifikantes Investitionsvolumen vorhanden ist.

Unverändert zum Vorjahr muss ich aber auf unsere schlechte Liquiditätslage hinweisen. Unser Finanzmittelbestand verringert sich laut Planung um gut 1,7 Mio. € in 2017. Wir schließen mit einem Liquiditätsstand von gut -9,0 Mio €. Wir können also froh sein, dass es einen Paragraphen § 12 Abs. 1 Nr. 2 InsO gibt, nach dem auch Gebietskörperschaften nicht insolvenzfähig sind. In der privaten Wirtschaft hätte diese Planung nämlich den Weg zum Insolvenzgericht bedeutet. Auch die Planwerte sehen für 2018 bis 2010 einen Anstieg des Sadlos auf – 10,4 Mio € vor.

Und das sind alamierende Anzeichen. Abgefedert wird diese Liquiditätslücke durch § 9 der Haushaltssatzung, nach der eine Ermächtigung zur Aufnahme von Liquiditätskreiditen bis zu 9,0 Mio € ausgesprochen wird. Auch die Ausführungen im Vorbericht zur Kassenlage deuten die Problematik an: „ Die Liquiditätsplanung wird durch die bereits zum Jahresanfang bestehende erhebliche Unterdeckung zusätzlich erschwert und erfordert Maßnahmen, um die monatlichen Auszahlungen vor allem im Bereich der Transferaufwendungen zwischen den Steuerhebeterminen und der nachschüssigen Einzahlung von Fördergeldern sowie der vierteljährlichen Zahlung der Pauschalen nach dem GFG rechtzeitig leisten zu können.“ Übersetzt heißt das, wir haben zwischen zahlungsrelevanten Terminen schlicht kein Geld in der Kasse.

Hierbei kommt der Gemeinde das Zinsniveau momentan noch sehr entgegen. Geld kostet nahezu nichts und wir freuen uns immer, wenn uns über die Zinsvereinbarungen von Krediten und auch Investitionsdarlehen berichtet wird. Doch auch hier muss das Wort Planung Berücksichtigung finden. Erste Anzeichen deuten bereits darauf hin, dass mittelfristig das Zinsniveau wieder nach oben gehen wird. Bei einer momentanen Zinslastquote von 2,62 % bewegen wir uns zwar auch nicht im unteren Bereich der kommunalen Landschaft, aber der Wert ist verkraftbar.

Und dieses Szenario wird insbesondere die kurzfristigen Liquiditätskredite betreffen. Hier erscheint es derzeit sinnvoll, möglichst langfristige Zinsbindungen zu vereinbaren. Nach dem geltenden Runderlass darf bspw. für die Hälfte dieser Kredite eine Zinsbindung von bis zu zehn Jahren vereinbart werden, sofern dieses mit der Kommunalaufsicht abgestimmt wird. Für ein weiteres Viertel dürfen Zinsvereinbarungen mit einer Laufzeit von maximal fünf Jahren vereinbart werden. Hier erscheint derzeit eine möglichst langfristige Bindung wirtschaftlich sinnvoll.

Insgesamt bleibt aber leider nur wenig Spielraum, der offensiven Gestaltungen zugänglich ist.

In die Überlegungen einbezogen müssen aber auch schmerzliche Denkanstöße. Hier sei auf die Abwasserbeseitigung hingewiesen. Wirtschaftlich sollte auch einmal ein Ansatz der Abschreibungen in der Gebührenkalkulation zu Wiederbeschaffungszeitwerten betrachtet werden. Auf dieser Grundlage würde der kalkulatorische Vorteil, sich nicht ausschließlich auf die bilanziellen Restbuchwerte bezieen zu müssen, Rechnung getragen. Und wirtschaftlich ist nur dieser Ansatz der Richtige und faire. Unser Kanalnetz ist in die Jahre gekommen und die wirtschaftliche und technische Nutzbarkeit ist endlich. Vor diesem Hintergrund werden auch in den kommenden Jahren erhebliche Investitionen in das Abwasserbeseitigungsnetz und die entsprechenden technischen Anlagen notwendig werden. In die Gebührenkalkulation fließen aber nur die Abschreibungen auf Basis der bilanziellen Restbuchwerte ein. Belastet werden wir bei jeder Baumaßnahme aber mit Zeit- bzw. Marktwerten. Da wir keine hinreichende Liquidität zur Verfügung haben, müssen wir wieder in erheblichem Maße fremdfinanzieren. An dieser Stelle sollte zumindest eine Parallelrechnung aufgestellt werden, um die Gebührenentwicklung abzuschätzen. Denn auch so bewegen wir uns nicht gerade auf einem tiefen Niveau im landesweiten Vergleich. Gleichzeitig verwenden wir die eingehende Liquidität aus der Gebührenerhebung auch für alle anderen haushaltswirtschaftlichen Zahlungsverpflichtungen der Gemeinde. Das Geld ist also schon ausgegeben, ohne dass eine Refinanzierung der Investitionen des Gebührenhaushaltes erfolgt wäre. Hier müsste der Sonderposten für den Gebührenhaushalt wirtschaftlich betrachtet doch auch mit Liqudität hinterlegt werden.

Ein Musterhaushalt mit einem Referenzmaßstab von 200 m³ Frischwasserverbrauch und einer Grundstücksfläche mit 130 m² versiegelter Fläche muss in 2016 lt. Berechnung des Bundes der Steuerzahler Landesverband Nordrhein-Westfalen 722,07 € p.a. im Landesschnitt von Nordrhein-Westfalen zahlen. Die Gemeinde Kirchlengern bewegt sich mit 765,00 € bereits über diesem Schnitt Löhne, Hüllhorst und Lübbecke belasten den Gebührenzahler mit 702,60 €, 582,20 € bzw. 656,60 € ebenfalls geringer. Interessanterweise schwanken die jährliche Gebühren zwischen 246,50 € und 1.302,52 €.

Eine Alternative zu einer mittelfristig wieder zu diskutierenden Anhebung der kommunalen Steuerhebesätze wäre eine Neuausrichtung der Gebührenkalkulation aus meiner Sicht aber allemal.

Abschließend möchte ich noch auf den bereits häufig diskutierten Punkt der freiwilligen Leistungen eiungehen. Ich kritisiere weiterhin, dass wir uns für unsere gemeindegröße eine viel zu groß dimensionierte Musikschule leisten.

Alleine das relevante Produkt Musikschulunterricht weist Personalauszahlungen von gut 435.000 € aus. Das entpricht, wie der Planung entnommen werden kann, einem Ergebnis inkl. interner Leistungeverrechnung von 16,07 € je Einwohner im Gemeindegebiet oder einem Ergebnis je Musikschüler aus dem Ort inklusive interner Leistungsverrecnung von 565,58 €. Für das Haushaltsjahr 2016 war noch ein Ansatz von 534,31 € vorgesehen. Auch die tariflich Beschäftigten werden von 2015 bis 2020 unverändert mit 6,36 Personen

Während wir mit einem Teilergebnis für die Musikschule von gut -255.000 € für 2017 in die Planung gehen, ergab der Haushaltplanansatz für die Stadt Bünde für 2016 einen Fehlbetrag von gut -580.000 €. Der Zuschussbedarf je Einwohner bewegt sich dort bei ca. 12,60 € und loiegt damit um immerhin gut 3,50 € unter unserem Bedarf. Vor diesem Hintergrund rege ich, das Thema interkommunale Zusamenarbeit weiterzubringen. Eine verstrkte Zusammenarbeit bspw. mit Bünde wird mit Synergieeffekten verbunden sein. Und auch die Kurse müssen nicht alle im Gemeindegebiet stattfinden; gerade auch vor dem Hintergrund, dass viele Schüler aus Kirchlengern sowieso in Bünde eine weiterführende Schule besuchen. So könnten verteilt in Bünde und Kirchlengern übergreifende Kursangebote stattfinden.

Insgesamt kann die FDP dem vorgelegten Haushalt mit den angeregten Erweiterungen bzw. Änderungen jedoch zustimmen. Er ist solide und fundiert gestaltet.

Bedanken möchte ich mich bei allen Mitgliedern der Verwaltung, die an der Aufstellung mitgewirkt haben und insbesondere bei Herrn Junkermann, der uns in seinem Vortrag durch das Zahlenwerk geführt hat.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.